Sie griffen couragiert ein, während Erwachsene tatenlos zusahen. Sarah Wohnsen (16) und Steffi Wollbrandt (17) leisteten Erste Hilfe, während andere keine Verantwortung übernehmen wollten: Die Samtgemeinde Altes Amt Ebstorf wird die beiden Mädchen, die bei dem schweren Verkehrsunfall am letzten Donnerstag an der Schulbushaltestelle auf der Weinbergstraße in Ebstorf einem schwer verletzten Elfjährigen zur Seite standen, öffentlich mit der Ehrenurkunde auszeichnen. Das erklärte Torsten Wendt gestern gegenüber der AZ.

EhrenurkundeSWohnsenUndSWollbrandt

Der Samtgemeindebürgermeister selbst ist Erste-Hilfe-Ausbilder beim Roten Kreuz - er lobt: "Ich bin stolz auf die Mädchen, sie haben das toll gemacht. Das zeigt, wie wichtig Erste-Hilfe-Kenntnisse sind, die alle drei Jahre aufgefrischt werden sollten." Gleichzeitig zeigen sich die beiden Retterinnen entsetzt über das Verhalten von Umstehenden an der Unglücksstelle: "Es ist traurig, dass kein Erwachsener geholfen hat."

Nicht mal einen Erste-Hilfe-Kasten bekamen sie gereicht, wie er doch für jedes Fahrzeug vorgeschrieben ist, sagen sie. Einem Busfahrer sei es sogar wichtiger gewesen, den Fahrplan einzuhalten. Ein anderer habe die Fähigkeiten der Mädchen angezweifelt, statt einzugreifen. Eine Erwachsene habe zumindest die Rettungskräfte alarmiert, mit den Worten "Ihr seid ja da und leistet Erste Hilfe" aber keine Verantwortung übernehmen wollen, schildern Sarah Wohnsen und Steffi Wollbrandt. Doch selbst der Unfallfahrer, der offensichtlich unter Schock stand, habe später als einer von nur wenigen zugepackt, schildern die Mädchen.
Am frühen Morgen des Unfalls saßen Sarah Wohnsen und Steffi Wollbrandt etwas verträumt im Schulbus, der sie von Wriedel über Ebstorf nach Uelzen bringen sollte. Steffi Wollbrandt: "Im Augenwinkel sah ich ein Fahrzeug kommen, und einen Augenblick später gab es einen mächtig dumpfen Knall. Ein Kind wurde von einem Auto erfasst und rollte unter einen stehenden Bus."
Ohne zu zögern sprangen die beiden Mädchen von ihren Sitzen auf und rannten zu dem Verunglückten. Die anderen beiden Elfjährigen, die ebenfalls von dem Wagen des 25-Jährigen erfasst worden waren, "sahen wir nicht, deshalb konzentrierten wir uns nur auf den einen Jungen." Sarah Wohnsen und Steffi Wollbrandt sprachen ihn an, fragten nach seinem Befinden und wo es schmerzt. Sie deckten den Jungen mit einer Jacke zu, drehten ihn in die stabile Seitenlage.
"Alles so, wie wir es auch im Erste-Hilfe-Kursus gelernt haben." Beide waren in der Jugendfeuerwehr und absolvierten im Frühjahr gemeinsam die Truppmann-Teil-1-Ausbildung, zu der auch ein 16-stündiger Erste-Hilfe-Kursus gehört.

Ebstorfs Ortsbrandmeister Carsten Mente kam als Privatperson auf dem Weg zur Arbeit zufällig an der Unglücksstelle vorbei. Er ist auch Ausbilder des Truppmann-Lehrganges, ging kurz zu den Mädchen. "Wir waren froh, ein bekanntes Gesicht zu sehen." Anschließend kümmerte sich Mente um die beiden anderen Verletzten. Fast zeitgleich traf der erste Rettungswagen ein.
Sanitäter und Polizei loben die schnelle und umsichtige Hilfeleistung von Sarah Wohnsen und Steffi Wollbrandt. Die Ordnungshüter fuhren sie anschließend zur Schule nach Uelzen. Noch am gleichen Tag besuchten die Helferinnen die drei verunglückten Kinder im Rhön-Klinikum, wo auch deren Eltern sich herzlich bedankten.

HINTERGRUND

Erste Hilfe

Uelzen/Landkreis. Informationen über Erste-Hilfe-Kurse und Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Unfallort gibt es unter anderem beim DRK-Kreisverband Uelzen unter der Telefonnummer (05 81) 90 32 0 und im Internet unter www.kv-uelzen.drk.de.